Der richtige Schuh – Ein Ratgeber

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Die Frage, die wohl jeden Läufer plagt: Wie finde ich den richtigen Schuh? Oder noch öfter: Welcher ist der beste Trailschuh am Markt? Das lässt sich so schon mal gar nicht beantworten. Das Erste allerdings schon, das ist zwar gar nicht so leicht, aber auch alles andere als ein Hexenwerk. Ich wurde schon so oft nach Tipps zum Thema Schuhkauf gefragt, dass ich mich entschlossen habe eine Anleitung zu schreiben. Das ist jetzt zwar etwas umfangreicher geworden, aber lieber zu viel als zu wenig. Ich hoffe euch damit beim Schuhkauf etwas helfen zu können.

“Erst denken, dann kaufen”

Es beginnt ganz einfach bei einem selbst. Ich muss mir also klar sein, was ich überhaupt will und welchen Bedarf ich habe. Ja schon klar, wir allen wollen auf den Trail und ob es ein Dynafit oder ein Salomon wird ist vorerst nicht wichtig. Also was meine ich damit? Das Angebot ist so unüberschaubar groß inzwischen, dass der Kunde erst mal selbst aussortieren muss.

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Wer?

Hier geht’s um eine Einschätzung eures Körpers, also seid ihr sehr leicht oder schwer, habt ihr Probleme mit den Knien oder knickt ihr leicht um. Lauft ihr schnell oder eher gemütlich. Habt ihr einen breiten oder einen schmalen Fuß, oder einen ganz normalen. Lauft ihr mehr am Mittel- oder Vorfuß oder seid ihr gar Fersenläufer? Neigt ihr dazu mit dem Fuß nach innen zu knicken, oder gar nach außen (gibt’s eigentlich nur bei Vorfußläufern). Ich bin Mittelfußläufer mit etwas zu viel Gewicht, einer normalen Abrollbewegung, mit einem normal breiten Fuß und einer etwas schmalen Ferse. Knieprobleme oder so habe ich nicht. Fragt euch das auch mal selber ab, bevor ihr an den eigentlichen Schuhkauf geht.

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Hier die Abrollbewegung meines Fußes, ausgemessen bei Intersport Patrick

Was?

Hier gilt es erstmal zu klären, was der geplante Einsatzbereich des Schuhs ist. Denn es macht einen enormen Unterschied, ob ich mit dem Schuh auf schroffen Felsen oder im Park auf feinen Trails unterwegs bin. Eines kann ich da gleich mal vorwegschicken, einen Schuh, der alles kann, gibt’s nicht. Man muss also immer abwägen, was einem wichtiger ist. Auch sollte man mindestens zwei unterschiedliche Paar Schuhe zu Hause haben. Die Schuhe brauchen wie ihr selbst auch etwas Erholung nach einem Lauf. Zudem könnt ihr mit zwei Paaren schon ein größeres Einsatzgebiet abdecken.

Wo?

Also wo läufst du hauptsächlich? Im Park, auf Wiesen, durch Wälder auf schmalen Wurzeltrails, auf sehr technischen Trails im Gebirge, auf breiten Schotterpisten, auf Wald- und Wiesenwegen, oder auch mal auf Asphalt? Bei mir sind es in den Kitzbüheler Alpen sanfte Trails, mit festem bis zu weichem Erdreich, kaum Felsen, wenig Asphalt, aber zum Teil mit Schotterstraßen. Macht euch also klar, wie es bei euch aussieht, wo ihr lauft. Dann könnt ihr schon mal einen Teil der Schuhe wegstreichen. Natürlich kann man theoretisch fast jeden Schuh fast überall laufen, aber es macht nicht immer Sinn.

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Bei mir zu Hause ist von Grasbergen, über Wald und Wiesen bis hin zu Felsen alles mit dabei.

Also wenn ihr viel auf Asphalt, Schotter und befestigten Wegen unterwegs seid, dann braucht ihr einen Schuh, der etwas mehr Dämpfung hat. Zudem sollte dieses Modell kein zu grobes Profil haben, da es sich zum einen schnell abnutzt, zum zweiten nix bringt und zum dritten etwas bremst. Stollen nehmen Energie auf und geben sie nicht zurück, das heißt, dass ihr bei jedem Schritt unnötig Kraft braucht wegen zu tiefer Stollen. Auch sollte die Auflagefläche des Profils größer sein. Also kein grobes, spitzes Profil, sondern eher ein flaches mit breiten Stollen. Das erhöht den Grip und bietet mehr Vortrieb. Die Sprengung, also der Unterschied zwischen der Standhöhe der Ferse und des Vorfußes darf ruhig etwas höher sein. Also so 6 bis 9mm, in Ausnahmefällen auch bis zu 12mm. Das kommt aber bei Trailschuhen nicht mehr oft vor.

Wer es lieber etwas matschig hat, gerne auch mal querfeldein über Wiesen donnert, der braucht das genaue Gegenteil vom vorhin beschriebenen Schuh. Also hier sollen es richtig grobe, tiefe Stollen sein mit bis zu 5mm. Wichtig ist auch ein größerer Abstand zwischen den Stollen, das bringt eine Selbstreinigung. Das heißt, dass sich das Profil nicht vollfrisst, sondern der Dreck bei jedem Schritt wieder ausfällt. Da man auf einem sehr weichen Untergrund unterwegs ist, ist die Dämpfung nicht nur nicht wichtig, sondern eher kontraproduktiv. Da sie die Standsicherheit verschlechtert.

Aus diesem Grund sind Schuhe für dieses Terrain meist sehr flach und haben eine Sprengung um 4mm und wenig Zwischensohle, so nennt man das Material zwischen dem Schaft und der Außensohle. Idealerweise ist das Obermaterial dünn und saugt sich nicht mit Wasser voll, denn dadurch wird der Schuh, sollte er mal nass geworden sein, schnell wieder trocken. Ja, das funktioniert auch beim Laufen und ist zu sehen, wenn es dann bei jedem Schritt das Wasser rausdrückt.

Ihr seid lieber im Wald unterwegs? Auch dafür gibt es besonders geeignete Schuhe. Hier ist eine Mischung aus den beiden vorher genannten Typen von Vorteil. Der Waldboden kann mal weich sein, ein Wanderweg durch den Wald aber auch fest. Zwischendrin gibt es Wurzeln, Laub und Co. Beginnen wir wieder bei der Sohle, hier ist ein Mittelding gesucht. Stollen ja, aber nicht zu groß, auch nicht zu klein. Der Zwischenraum zwischen den Stollen müssen nicht so grob sein, wie beim Matschschuh. Denn auf den Wurzeln ist Auflagefläche notwendig um genug Grip zu generieren. Weiters gilt bei der Dämpfung das Mittelmaß, zu viel ist nicht ideal, zu wenig nicht komfortabel. Wichtig ist hier, dass der Schuh über eine sogenannte Rockplate verfügt. Das ist eine Einlage in der Zwischensohle, welche das Durchstoßen von Steinen und Wurzeln verhindert. Der Schuh soll dennoch genügend Gefühl für den Untergrund bieten. Bei der Sprengung ist 4-6mm, maximal 9mm zu Empfehlen. Desto tiefer man steht, desto sicherer ist der Stand.

Wie?

Eine wichtige Frage die vor einem Schuhkauf zu klären ist. Wie laufe ich, gemeint ist damit vor allem das Tempo. Es macht einen großen Unterschied, ob ich gemütlich oder mit Speed laufe. So brauchen gemütliche Läufer einen Schuh mit mehr Dämpfung, da der Bodenkontakt länger dauert und der Druck auch den Fuß statischer ist. Schnelle Läufer brauchen hingegen weniger Dämpfung, da die Bodenkontaktzeit nur kurz ist und die Energie mehr nach vorne geht als nach unten. Das heißt aber auch, dass man auch unterschiedliche Schuhe für unterschiedliche Läufe braucht. Ein Ultra-Schuh ist eher für gemäßigtes Tempo und eine lange Laufzeit ausgelegt. Er hat also meist mehr Dämpfung, ist etwas breiter gebaut, um auch müden Füßen Sicherheit zu geben. Das heißt aber auch, dass solche Schuhe auch für Einsteiger sehr gut geeignet sind, da sie vom Läufer wenig verlangen. Also die Fußmuskulatur muss noch nicht sonderlich stark ausgeprägt sein.

Ein Schuh für den Vertikalen Kilometer ist genau das Gegenteil, er hat wenig Zwischensohle und damit wenig Dämpfung, ist meist enger geschnitten und verlangt eine gut trainierte Fußmuskulatur, denn der Schuh selbst stützt den Fuß nur wenig. Diese Schuhe sind meist auch sehr leicht. Ein Allroundschuh liegt dazwischen, wobei man betonen muss, dass es keinen Schuh gibt, der für alles perfekt ist. Kompromisse wird man immer eingehen müssen. Es empfiehlt sich aber auf jeden Fall verschiedene Schuhe für verschiedene Geschwindigkeiten zu Hause zu haben.

Wann?

Dann kommen noch die Feinheiten. Laufe ich den Schuh im Sommer oder im Winter, oder bei schlechtem Wetter? Auch hier gibt es Unterschiede. Für den Sommer reichen Schuhe mit einem normalen Mesh-Obermaterial, welches eine gute Belüftung zulässt. Damit kommt es zu keinem Hitzestau. Dazu hat es einen weiteren Vorteil, wird der Schuh bzw. Fuß nass, kann die Feuchtigkeit schnell nach draußen entweichen und man hat recht schnell wieder einen trockenen Fuß. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass man im Sommer keinen Schuh mit Goretex braucht. Das hat eher den gegenteiligen Effekt, wenn der Schuh innen nass ist, füllt er sich wie eine Badewanne. Solange es warm genug ist, reichen also Schuhe mit einem normalen Mesh aus.

Die Anforderungen an einen Schuh im Winter sind dann wieder andere. Er soll etwas warmhalten und braucht mehr Grip als im Sommer. Hier sind lange Stollen sehr von Vorteil. Eine Membran wie Goretex finde ich im Winter nicht nur wegen dem Schutz vor Nässe ganz angenehm, sondern weil sie eben durch ihre verringerte Atmunsgsaktivität wärmer sind. Damit habe ich aber auch schon das Thema Regen abgehandelt. Ist es im Sommer warm genug, dann besser einen Schuh ohne Membran nehmen, da er schneller auftrocknet und man nicht in einer Badewanne rumläuft. Im Herbst und Winter greife auch ich gerne auf Goretex-Modelle zurück, weil sie trocken und warm halten.

Was noch?

Sehr wichtig ist es Schuhe anzuprobieren. Geht zu einem Fachhändler in eurer Nähe und probiert die Schuhe an. Online ist das immer ein Glücksspiel. Denn auch wenn die Größe vielleicht passt, die Passform kann doch ganz anders sein. Auch können euch gut ausgebildete Verkäufer (ja, die gibt’s noch) bei der Auswahl unterstützen. Wichtig ist, dass ihr Schuhe immer erst am Nachmittag kauft oder anprobiert. Der Fuß wird über den Tag etwas größer und wenn ihr da gleich in der Früh einen Schuh anprobiert, passt er ganz anders als am Abend. Welche Größe ist richtig? Hier gibt’s ein Hilfsmittel, dass ihr immer dabei habt. Die große Zehe soll einen Daumenbreit weg sein von der Schuhspitze. Vor allem bergab braucht ihr den Platz, sonst könnt ihr euch gleich vom Nagel der großen Zehe verabschieden.

Ich hoffe, ich habe euch ein wenig geholfen. Bei Fragen könnt ihr gerne einen Kommentar hinterlassen oder mir auch schreiben. Natürlich auch, wenn ihr in einem Punkt nicht meiner Meinung seid.

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