Einmal durch die Nacht

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Das Jahr 2020 wurde nicht nur für uns Trailrunner ordentlich auf den Kopf gestellt. Covid-19 leerte die Rennkalender und strich Events von der Liste. Alternativen waren also gefragt. Ich hatte mir einige Sachen überlegt, die ich in diesem rennfreien Sommer in Angriff nehmen wollte. Eine Idee war es, einfach mal durch die Nacht zu laufen. In der Nacht unterwegs zu sein hat immer etwas ganz Spezielles, das konnte ich das letzte Mal bei meiner 24h-Challenge spüren. Ich hatte einfach Lust dazu, dass auch mal im Sommer zu erleben. Eine Nacht lang allein in den Bergen unterwegs zu sein.

Gute Planung

Zu erste dachte ich dabei an den 21. Juni, also die Sommersonnenwende. Da ist der Tag am längsten und die Nacht am kürzesten. Aber dann fiel mir der Vollmond ein, ja genau – das war’s. Ich nehme die Vollmondnacht Anfang Juli. Vollmondnächte haben immer etwas Magisches und das wollte ich nutzen. Also machte ich mich auf die Suche nach einer geeigneten Strecke. Sie sollte im Idealfall die Marathon-Distanz aufweisen. Es gab dann mehrere Kriterien. Das erste war ganz klar die Sicherheit. Die Strecke sollte mich nicht völlig weg von der Zivilisation führen, sondern leicht erreichbar sein.

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Start in Aschau bei Kirchberg

Auch wollte ich den Vollmond in vollen Zügen genießen, also sollte die Strecke wenig durch den Wald führen. Mir fiel dann recht schnell der Bergzug vom Schwarzkogel in der Aschau bis vor zum Hahnenkamm in Kitzbühel ein. Vom Schwarzkogel ist man recht schnell im Kitzbüheler Skigebiet und damit der Zivilisation nahe. Auch sind die Trails dort einfach oder die Strecke führt über eine Schotterstraße. Das macht die Sache in der Nacht auch einfacher.

Und was mir besonders an der Idee gefallen hat ist, dass ich da in der Nacht lange auf dem Bergrücken laufen kann und somit eine traumhafte Aussicht in der Vollmondnacht haben könnte. Ok, soweit so gut, aber das ist noch zu kurz. Also galt es, vorne und hinten noch etwas dranzubauen. Ich verlängerte einfach den „Anlauf“ zum Schwarzkogel. Der Start stand mit der Aschau fest, also habe ich einfach eine Schleife drangebaut und am Ende war’s einfach. Denn da lockte ein Sonnenaufgang am Kitzbüheler Horn. Also wurde die Strecke dahin erweitert und mit dem Downhill nach Oberndorf vollendet, denn dort habe ich bei einem Freund einfach ein Frühstück ausgemacht. Damit stand die Strecke mit gut 43km und fast 2700 hm – das klang schon mal gut.

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Unter Sternenhimmel

Ich hatte dann in der Nacht großes Glück, denn das Wetter war sensationell. Es war fast wolkenlos und die Temperatur war nicht zu heiß und nicht zu kalt. Start war geplant bei Sonnenuntergang um 21h in Aschau bei Kirchberg. Ich fühlte mich gut und die Vorfreude war groß. Auch wollte ich mich nicht hetzen, sondern das Ganze genießen und es gab eigentlich nur ein Ziel, das Kitzbüheler Horn vor 5:20 Uhr zu erreichen, denn dann sollte die Sonne aufgehen. Eigentlich kannte ich 3/4 der Strecke von früheren Läufen oder vom Biken, nur den Beginn nicht. Also die Zusatzschleife auf den Schwarzkogel. Und die brachte dann auch ein paar Überraschungen. Der Trail war technischer als gedacht und auch viel nasser. Ich musste also viel gehen und wenig laufen, das brachte mir bis zum Schwarzkogel einen Rückstand ein.

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Am Schwarzkogel

Aber egal, die Stimmung war gut, denn also der Mond rauskam, war es hell und diese zauberhafte Vollmondstimmung in der Nacht tat ihr übriges. Um 23:30 Uhr kam ich dann am Schwarzkogel an und ich war dort nicht allein. Ein junges Paar übernachtete direkt am Gipfel und begrüßte mich mit großen Augen und der Frage: „Machst du das öfter, dass du mitten in der Nacht auf einen Berg läufst?“ Wir haben uns dann ein wenig unterhalten und dann habe ich mich aufgemacht Richtung Hahnenkamm. Bis zum Skigebiet war es noch weitere etwas technisch und im Downhill konnte ich nicht sonderlich Gas geben. Aber schon bald wurde es einfacher und ich lief dem Bergrücken entlang immer bei bester Beleuchtung und toller Stimmung Richtung Hahnenkamm. Dort machte ich am Starthaus der Streif eine kurze Pause, um den Augenblick zu genießen.

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Bei Vollmond auf der Streif

Es folgte der Downhill über die Streif, mitten in der Nacht und ohne Leute, ein echt cooles Gefühl. Wie auch der Lauf durch die menschenleere Stadt Kitzbühel. Dort habe ich mir im Büro etwas zu essen hinterlegt und hab die Getränke aufgefüllt. Ich war sehr guter Dinge, doch das schlug bald ins Gegenteil um. Ich hatte wohl die Trinknahrung zu schnell getrunken und somit begann der Magen beim Anstieg über den alten Hornweg zu rebellieren. Kein guter Zeitpunkt, denn der Hornweg ist ziemlich steil und erfordert Kraft. Ich bin denn in Serpentinen gegangen und habe irgendwie versucht vorwärts zu kommen. Ich machte mir schon Gedanke, wo mich eventuell meine Frau abholen könnte, falls ich aussteigen müsste.

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Nach knapp 500 Höhenmeter und einer sehr unangenehmen guten Stunde war ich an der Adler Hütte angekommen und plötzlich gings mir wieder besser. Mit jeder Minute fühlte ich mich wieder kräftiger und frischer und ich konnte das Tempo wieder anziehen, denn der Blick auf die Uhr machte klar: die 5:20 Uhr kommen immer näher aber der Gipfel war nicht weit weg. Ich kam aber dann richtig in einen Flow und es wurde auch immer heller. Das alles zusammen hat mich enorm motiviert und ich stand um 5:10 am Gipfel. Der Sonnenaufgang war gesichert.

Gipfelglück

Am Gipfel des Kitzbüheler Horns war ich aber auch wieder nicht allein. Die Bergbahn Kitzbühel veranstaltete das erste Horn-Frühstück, für heuer also waren schon einige Leute mit der Gondel raufgefahren. Das wusste ich aber schon vorher und war sogar recht lustig, weil mich manche mit ganz großen Augen angesehen haben. Außerdem waren ein paar Bekannte oben. Der Sonnenaufgang war denn traumhaft, keine Wolke trübte die Sicht und ich hätte es mir nicht perfekter vorstellen können. Das Gefühl ist dann schon unbeschreiblich, wenn man die Nacht durchgelaufen ist und dann wieder die Sonnenstrahlen und die Wärme wieder spürt. Das ist schon irre.

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Am Gipfel des Kitzbüheler Horn

Ich habe mir auch die Zeit genommen, diese Momente zu genießen. Doch mir wurde dann kalt und ich nahm den Downhill in Angriff. Der ging allerdings nicht mehr so schnell. Aber egal, ich bin dann gemütlich runter gerollt Richtung Oberndorf, wo das Frühstück bei meinem Freund auf mich wartete. Das war dann auch richtig gut, danke Gernot!

Eine coole Nacht

Im gesamten war es wieder ein richtig lässiges Erlebnis, so allein durch die Nacht zu laufen. Man nimmt die Umgebung noch deutlich intensiver war als sonst und der Vollmond erlebte einen sensationellen Ausblick der ganz anders ist als untertags. Das Mondlicht zaubert eine mystische Stimmung. Ich glaube, dass werde ich so nicht zum letzten Mal gemacht haben.

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